Anna Schmidt kommt am 11. April 1852 in Frankfurt zur Welt, hier gründet sie 1886 eine private Schule für Mädchen. Das ist ein pädagogisches Wagnis, aber gerade darin fügt es sich gut in die geistige Situation der Stadt ein.
Zukunftsweisendes, ebenso wie manches Rückständiges, prägt die Mainstadt im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Mit Stolz erinnert man sich der Zeiten, in denen die Freie Reichsstadt Ort der Kaiserkrönungen, großer Messen und einflussreicher Bankhäuser war. Aber diese Zeiten sind vorbei; seit 1866 ist Frankfurt eine Provinzstadt des Staates Preußen. Energische Schritte hin zur Hochindustrialisierung, in deren Prozess Frankfurt zur modernen Wirtschaftsmetropole aufsteigt, werden erst im ausgehenden Jahrhundert ergriffen.
Wichtige, vorwärtsgerichtete Aktivitäten zeigen sich in Frankfurt jedoch bereits seit dem Ende des 18. Jahrhunderts im Hinblick auf die Förderung karitativer, wissenschaftlicher und künstlerischer Belange. Aus Stiftungsgeldern Frankfurter Bürger entstehen Forschungsgesellschaften, Museen, Organisationen zur Wohlfahrtspflege und zur Bildung. Immer wieder sind es Privatleute, die sich mit großem persönlichen und finanziellen Engagement an Aufgaben heranwagen, für die der Staat noch nicht oder nur unzulänglich gerüstet ist.
Eben diese Bereitschaft, als Privatperson eine öffentliche Aufgabe wahrzunehmen, zeigt sich bei der Schulgründung der Anna Schmidt. Ihr geht es um die Bildung der Bürgertöchter, wie sie selbst eine ist.
Welche Chancen besitzen diese „Töchter aus gutem Hause?“ Entweder sie heiraten und erfüllen ihre Pflichten als Ehefrau und Mutter, oder sie bleiben ledig und treten freiwillig oder gezwungenermaßen ins Berufsleben ein, wobei allerdings für sie in der Regel – nur – pädagogische und karitative Tätigkeiten in Frage kommen.