Im Rahmen meines Abiturs habe ich mich entschieden, das Thema „Frauen im Kloster“ als mein fünftes Prüfungsfach zu wählen. Doch anstatt nur theoretisch über das klösterliche Leben zu sprechen, wollte ich es selbst erleben. Deshalb habe ich acht Tage in einem Kloster verbracht – eine intensive Zeit voller Begegnungen, neuer Perspektiven und ungewohnter Stille.
Schon bei meiner Ankunft wurde ich von den Schwestern herzlich empfangen. Ihre Offenheit und Freundlichkeit haben mich sofort beeindruckt. Der Alltag im Kloster ist geprägt von festen Strukturen: Gebet, Arbeit, gemeinsame Mahlzeiten und Phasen der Stille. Doch es fühlte sich nicht wie ein strenges Regelwerk an – vielmehr gab dieser Rhythmus den Nonnen und mir Halt. Besonders faszinierend war die innere Ruhe, die die Schwestern ausstrahlen. In einer Welt, die oft von Hektik und ständiger Erreichbarkeit bestimmt wird, haben sie eine Art gefunden, bewusst und achtsam zu leben.
Ein zentraler Bestandteil meines Projekts war die Fotografie. Ich durfte die Schwestern in ihrem Alltag begleiten und ihre Momente der Reflexion, Gemeinschaft und Stille mit der Kamera einfangen. Dabei entstanden eindrucksvolle Porträts, die ihre Persönlichkeit und Individualität zeigen – jenseits der traditionellen Vorstellung von Nonnen als zurückgezogene, weltferne Frauen. Diese Bilder wurden am 25. Januar 2025 in einer Vernissage präsentiert, bei der ich mit den Schwestern und den Besuchern meiner Ausstellung ins Gespräch kam. Viele Nonnen entdeckten sich selbst in meinen Bildern ganz neu, während andere sich in den Fotografien sofort wiedererkannten. Es waren bewegende Begegnungen, die mir gezeigt haben, wie sehr Fotografie auch ein Spiegel der Seele sein kann.
Diese Erfahrung hat mich nicht nur persönlich bereichert, sondern auch meine Sicht auf Religion und Spiritualität verändert. Mein Religionslehrer hat mir bereits gezeigt, dass Glauben hinterfragt werden darf und sollte. Im Kloster habe ich erlebt, dass Spiritualität viele Formen annehmen kann – und dass sie oft weniger mit Dogmen als mit gelebter Achtsamkeit zu tun hat.
Frauen im Kloster sind keine Relikte der Vergangenheit. Sie haben bewusst einen Lebensweg gewählt, der für viele von uns unvorstellbar scheint, der aber tief erfüllt sein kann. Ihr Leben mag nach außen hin still erscheinen, doch es ist reich an Begegnungen, Sinn und innerer Freiheit. Und vielleicht können wir uns alle ein kleines Stück dieser Ruhe und Klarheit in unseren eigenen Alltag mitnehmen.
Die Ausstellung ist noch bis zum 28.02.2025 in der Abtei St. Hildegard zu sehen.
Ich freue mich auf Sie,
Anna Schüller