Workshop: “Modern Slavery”

Gymnasien
Was können wir gegen Sklaverei unternehmen?

Mit einem symbolischen 80€-Schein, einem ernsten Gesichtsausdruck und sicherlich auch mit einem leicht schlechten Gewissen verließen die Schüler und Schülerinnen der Q3 am 06.12.2024 den Workshop der International Justice Mission, kurz IJM, zum Thema moderne Sklaverei.
Die 80€ standen dabei, wie uns erklärt wurde, für den durchschnittlichen Kaufpreis eines Menschen, welcher sich in Sklaverei befindet. Das schlechte Gewissen resultierte aus den erworbenen Informationen und der Klarheit darüber, wie reell das Problem der Sklaverei auch heute noch ist.

Zu Beginn des Workshops stellten zwei Botschafterinnen der IJM, der größten Menschenrechtsorganisation im Kampf gegen moderne Sklaverei, das Problem der „modern slavery“ vor, wobei auch auf die Ziele und Maxime der IJM sowie Wege, gegen Sklaverei zu kämpfen, eingegangen wurde.

Besonders waren es die von der IJM genannten Zahlen, welche die Schülerinnen und Schüler schockierten: über 50 Millionen Menschen, die sich auch heute noch in Sklaverei befinden, 12 Millionen davon minderjährig und oft jünger als zehn Jahre alt. Doch nicht nur Zahlen zeigten, wie ernst das Thema ist. Auch reale Geschichten, vor allem die von Gideon, einem Jungen aus Ghana, der im jüngsten Kindesalter durch Täuschung in die Sklaverei gelangte und dort missbraucht und zur Arbeit gezwungen wurde, vermittelten eindrucksvoll die Abgründe unserer modernen Gesellschaft.

Befreien, überführen, Rechtssysteme stärken – auf diesen Schlagwörtern basiert das Handeln der IJM. Und durch genau diese Schlagwörter konnten schon zehntausende Sklaven, darunter auch Gideon, befreit und gerettet werden. Wie genau die IJM agiert und wie auch wir dazu beitragen können, moderne Sklaverei bis 2030 abzuschaffen, konnten sich die Schüler und Schülerinnen nach dem ersten allgemeineren Vortrag in drei spezifischeren Vorträgen anhören.

Zur Auswahl standen dabei das Ansehen des Films „Amazing Grace“, der auf dem Leben William Wilberforces, eines historischen Kämpfers gegen den transatlantischen Sklavenhandel, basiert, ein Vortrag zum Thema Zwangsprostitution und ein Vortrag, der Menschenrechte, das Rechtssystem und die Arbeit von IJM näher beleuchtet.

Nach dem Besuch des letzteren Vortrags blieb mir besonders eine Übung im Kopf: Jedem Schüler bzw. jeder Schülerin wurde ein Zettel mit einer kurzen Biographie ausgehändigt. Diese variierten von stark privilegierten Menschen bis hin zu Personen, die sich in Sklaverei befanden und völlig mittellos waren. Im nächsten Schritt wurden Fragen vorgelesen, die sich auf die Lebenssituationen der Menschen bezogen, die wir nun verkörperten. „Hast du ein Dach über dem Kopf, besitzt du ein Grundstück, hast du die Möglichkeit, zur Schule zu gehen?“ Trafen die Aussagen auf unsere Biographie zu, mussten wir einen Schritt nach vorne gehen. Am Ende bekamen die drei vordersten Schülerinnen und Schüler eine Tafel Schokolade als Belohnung, der Rest ging leer aus. Dies resultierte natürlich darin, dass sich die hinteren Schülerinnen und Schüler unfair behandelt fühlten, während es den Belohnten deutlich peinlich war, für eine nicht erbrachte Leistung belohnt zu werden. Somit verdeutlichte die Übung nicht nur, wie ungerecht Sklaverei ist, es zeigte auch ausdrucksstark, wie privilegiert wir sind und wie willkürlich besagte Privilegien verteilt sind.

Was können wir also gegen moderne Sklaverei tun? Bereits das Lesen dieses Artikels beziehungsweise das Besuchen des Workshops der IJM ist der erste, wichtige Schritt, einen Unterschied zu erzielen. Nur durch ein klares Bewusstsein kann schließlich Veränderung erzielt werden. Darüber hinaus kann natürlich durch Spenden, durch das Unterstützen von Organisationen wie der IJM und durch den bewussten Kauf von Produkten, die ohne Sklaverei hergestellt wurden, ein weiterer Schritt in Richtung einer Welt ohne Sklaverei getan werden. Doch am Anfang steht immer das Bewusstsein. Und um dieses zu schaffen, sind Workshops wie der der IJM ideal. Denn weiß man erst einmal Bescheid, kann man entweder handeln oder sich entscheiden, die Augen vor einem reellen Problem zu verschließen, mit der Konsequenz, mit genau dieser Entscheidung leben zu müssen. Aber behaupten, dass man unwissend war und somit unschuldig ist, das ist dann nicht mehr möglich. Und deshalb liegt es in unserer Hand, etwas zu ändern, sowohl mit kleinen als auch mit großen Schritten. Kämpfen wir also gemeinsam für eine gerechtere Welt!

Lukas Bader

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